Comics, quo vadis?
Wie sieht die Zukunft der Comics aus? Haben Comics eine Zukunft?
Seit Jahrzehnten machen die Comics - auch und speziell die Marvel-Comics Höhen und Tiefen durch.
Speziell bei den Marvels kann man das auch (tut man auch) wunderbar in Epochen einteilen (Golden Age, Silver Age ...). Es änderten sich Trends, die mal zu geringeren Verkaufszahlen und dann wieder zu höheren Verkaufszahlen führten - mal war Horror "in", mal Superhelden, mal Liebesgeschichten. An der Kunst und dem Können des Verlegers lag es, solche Trends frühzeitig zu erkennen und sich danach zu richten. Wer das geschafft hatte, "überlebte".
Was nachdenklich macht ist aber die Tatsache, dass die früheren "Hochs" nie wieder erricht wurden. Es geht zwar immer wieder runter und hoch, aber von der Grundtendenz geht es abwärts. Die Auflagen 100.000 Exemplare plus x auf die noch ein Wolfgang M. Biehler zu Condor-Zeiten Wert gelegt hatte, sind derzeit mit den Marvels in Deutschland nicht zu erreichen. Hat man 2. Quartal 2008 noch rund 39.000 Spidey-Hefte verkauft, waren es im 1. Quartel 2010 noch 35.000 Hefte.
Verkaufte Hefte: Spider-Man in einem Zeiraum von zwei Jahren nach IVW (Quartalszahlen! - sprich in je drei Monaten)
Überraschen muss das aber nicht. Dieses Phänomen trifft, bis auf Ausnahmen, die gesamten Print-Medien. Stetig sinken die Zahlen der verkauften Auflagen in allen Bereichen. Viele Verlage setzen nun auf "die neuen Medien", um Umsätze zu kompensieren. Das klappt derzeit aber nicht, da man bei allen digitalen Vertriebswegen nie den selben Umsatz erreichen kann (derzeit) wie mit Print. Marvel verusucht es ja auch - jetzt auch auf dem iPad. Aber wer würde für ein 100- oder 150-Seiten-PDF 20 oder 30 Euro ausgeben? Derzeit niemand.
Woran liegt es? Das Medienverhalten ändert sich. Das ist Fakt. Es streiten sich nur die Geister, wie schnell und wie umfangreich das geht. Spricht man mit einem Spezialisten, der digitale Inhalte unter's Volk bringt, ist Print in 5 Jahren tot. Sicherlich ist der Wunsch der Vater dieser Aussage, aber der Trend ist unbestritten.
Aber es geht nicht nur um die Vertriebswege (iPad, andere Lesegeräte, das Web generell) , sondern auch um das generelle Medienverhalten. Zu "meiner Zeit" waren die Alternativen überschaubarer. TV, Radio, Buch, Comic - wenn man das mal als eigenes Medium sehen will. Heute hat hat man, um die Freizeit zu verbringen mehr Möglichkeiten: Spielekonsolen, ein Überangebot im TV (nicht wie früher das Testbild bis 17.00 Uhr), Online mit vielfältigen Unterhaltungsangeboten und natürlich weiterhin Radio, Buch, Comic. Auch der Spruch "es wird alles schnelllebiger" spielt in der Mediennutzung eine große Rolle. Hatte man früher die Zeit und die Muse, viele Stunden mit einem Buch zu verbringen (oder einem Comic), ist heute die schnell konsumierbare (Unterhaltungs-)Information gefragt. Oberflächlichkeit, geringer Tiefgang ist oft bei der Verarbeitung der Informationen gefragt. Am Nachwuchs kann man sehen, wohin die Reise gehen kann. Nicht mehr das neueste Spider-Man-Comic ist das Gesprächsthema, sondern die Spielekonsole mit dem neue aufgestellten Rekord, oder der Lösungsweg für das Online-Spiel.
Hier die IVW-Zahlen(verkaufte Auflage) für Micky Maus und die Simpsons. Die Simpsons deshalb, weil sie für Panini Comic wohl ein Aushängeschild sind, was den Erfolg betrifft, und Micky Maus, weil es wohl für sehr viele Comic-Fans neben wenigen anderen Reihen, die "Einstiegsdroge" für Comics war und sicherlich ist. Egal bei welchem Spezialgebiet man gelandet ist, Micky Maus war neben Lehning, Zack usw. der Anfang. Und eben diese Micky Maus ist in den letzten 12 Jahren deutlich zurück gegangen, was für ein generelles Nachlassen des Comic-Interesses steht und auch zeigt, dass die Zahl der Comic-Interessierten, was die Nachrücker betrifft, geringer wird (die Theorie: wer heute keine Micky Maus ließt, kauft morgen auch keine Marvel Comics).
Wohin werden sie nun gehen, die Comics und natürlich unsere Marvel Comics? Die Auflagen werden sinken, die Leser werden weniger.
Die Verlage müssen Gewinn machen, sonst wird es keinen Grund für die Produktion geben. Das muss klar sein. Wird es so kommen, dass die Hefte eine immer geringere Auflage haben werden, die Variants, die teueren Extra-Ausgaben, Prestige-Hefte, Hardcover-Ausgaben erstmal den wenigen Fans das Geld aus der Taschen ziehen, ehe auch das umsatztechnisch nicht mehr reicht? Oder wird das Heil tatsächlich in der digitalen Welt liegen. Pay-Per-View Comics online am PC oder Lesegerät lesen?
Nun, wenige Hefte für stolze Preis zu verkaufen haben wir schon länger. Speziell bei Nachdrucken alter Hefte waren hohe Preise bei geringen Auflagen zu erzielen, weil die wenigen Liebhaber dafür bereit waren (z.B. Lehning-Nachdrucke). Das wird sicherlich noch so lange funktionieren, so lange es Fans und Sammler gibt, die emotional - vielleicht durch die Kindheit - mit den Comics verbunden sind.
Comics online? Da denken derzeit viele darüber nach, wie das aussehen kann. Einmal ist natürlich für "meine Generation" (ich spreche mal für mich) schwer vorstellbar, Comics ohne Papier zu konsumieren. Für Sammler, die statt der 10 Meter Comics nur noch eine Festplatte im Regal haben werden, wird die Umstellung auch nicht einfach sein. Wenn man die Möglichkeiten im digitalen Bereich betrachtet (Spider-Woman mal als Beispiel), muss man auch von einer Veränderung der Comics ausgehen. Film und Comic werden weiter zusammenrücken und der Unterschied wird fließend werden. Vermutlich bleibt dann schlicht der Film übrig.
Damit wäre ich auch schon bei meinem Fazit. Ich sehe Schwarz für die Comics und ich fürchte, in 10 bis 20 Jahren wird es kaum mehr einen Verlag geben, der es sich leisten kann und will, Comics zu drucken. Vermutlich wird das kreative Potential, welches derzeit bei den Comics liegt, in Film und Spiel aufgehen und das Medium Comic (wenn wir es als eigenständiges Medium sehen wollen) sich in verschiedene Bereiche auflösen wird.
Ob das nun bedeutet, dass man schnellstens seine Sammlung verkaufen soll, weil man bald eh nichts mehr dafür bekommt? Wer weiß das schon.
Ich würde mich sehr freuen, wenn ich auf diese ketzerische These Meinung bekommen würde. Ich werde versuchen, einige Comic-Spezialisten und Gurus zu animieren, ein Statement abzugeben. Vielleicht gibt es ja schon Pläne und Vorstellungen, die das Überleben der Comics sichern und von der Liste der aussterbenden Dinge rettet.
Peter